2024

Feedback zum  - Formosa-Rondo - Hamburg

Feedback zum  - Formosa-Rondo - Hamburg

Am Sonntag den 15.9. 24  hatten wir die Gelegenheit, ein wunderschönes Konzert  - Formosa-Rondo - im Spiegelsaal des MUSEUMS FÜR KUNST UND GEWERBE (MKG) in Hamburg mitzuerleben.
Beim Betreten dieses Saales werden viele Erinnerungen an meine Studienzeit wach. Denn dieser Saal war früher Teil der Hochschule für Musik und Theater (HfMT), musste aber einem neuen Opernstudio weichen. Und so wurde er abgetragen und in diesem Museum wieder aufgebaut. Er bietet ein besonders schönes Ambiente nicht für die große Masse, sondern für Kenner und Liebhaber klassischer Kunst.

Liedkonzerte haben es von jeher schwer, eine große Zuhörerschaft zu finden. Man rückt diese Kunstform gerne in die "Experten-Ecke ". Sehr zu Unrecht! Denn das Lied ist die ursprünglichste Form der Ausübung von Musik. Welche Mutter singt ihrem Kind kein Schlaflied vor ( auch Väter können das)? Hier, in den menschlichen Grundsituationen hat die Musik ihren Platz, den ihr niemand nehmen kann! Aber noch etwas anderes macht das Lied einzigartig: die Lyrik, die das Lied entstehen lässt. Musik und Sprache, oder Gedanken, gehen hier eine untrennbare Verbindung ein, die ein Grundpfeiler unserer Kultur ist. Das Lied zeigt uns eine Entwicklung von Musik und Sprache in der ursprünglichsten Form und gibt uns eine kulturelle Identität.

Wenn man mit solchen Erwartungen in dies Konzert geht, wird man nicht enttäuscht, sondern reich beschenkt. Das Programm umspannt einen Zeitraum von ca. 300 Jahren mit Schwerpunkt auf die letzten 100 Jahre bis hin zur Gegenwart. Und es wird in mindestens sieben Sprachen gesungen: Lateinisch, Italienisch,Deutsch, Japanisch, Chinesisch mit mindestens drei Dialekten,  die fast schon eigene Sprachen sind.
Wie lässt sich solch eine Fülle in einem Konzert unterbringen?

Zum Glück gibt es eine sehr klare und vertiefende Einführung durch Herrn Hung-Yu Wu und ein sehr detaillreiches Programmheft, was ich auch jetzt noch zum weiteren Verständnis gerne zu Rate ziehe. Alle Texte im Original und deutscher Übersetzung, sehr erkenntnisreich (auch für Sinologen). Toll!

Wie ein roter Faden zieht sich das Schicksal des Chinesischen Komponisten Bunya Koh durch den ersten Teil des Programms. Es steht beispielhaft für viele Schicksale der Zeit: In Taiwan geboren,  in Japan studiert und in China gelebt. Seine künstlerische Ausstrahlung reicht aber weit nach Europa! Ein zweiter Aspekt dieses Konzertes ist die Darstellung Taiwanischer Poesieund Liedkunst zwischen Tradition und Moderne.  Hier gab es viele interessante, tiefe Einblicke und bewegende Momente, was auch der hervorragenden Darbietung der Künstler zu verdanken ist:
Chia-Fen Wu, Sopran
I-Chiao Shih, Mezzosopran
Yi-Wei Lin, Tenor   und
Chan-Yu Yeh, Bariton.
Das gesamte Programm wurde von Herrn Wei-En Hsu einfühlsam und virtuos begleitet. Er selbst bereicherte das Konzert mit einem Gesangsquartett, das hier zum ersten Mal aufgeführt wurde: "Elegie".
Zusammen bildeten diese fünf Künstler ein wunderbares, harmonisches Team!

Für mich ein Höhepunkt dieses Konzerts: Lieder, die dem Stil der Ureinwohner Taiwans nahe stehen. Welche kraftvolle Sprache! Wann hat man das schonmal gehört? Diese Völker, die vor langer Zeit aus den Fernen der Südsee Taiwan besiedelt haben , scheinen endlich einen Weg in die Kulturszene gefunden zu haben  - bravo!

Herzlichen Dank für dieses besondere Konzert an alle Veranstalter! Ich freue mich schon auf das nächste Konzert in dieser Reihe!

Andreas Stier
Hamburg den 16.9.2024